Was sind Neuromyelitis optica Spektrumerkrankungen (NMOSD)?

Als Neuromyelitis optica Spektrumerkrankungen (engl. NMOSD, Neuromyelitis optica spectrum disorder), früher Devic´s Syndrom, wird eine Gruppe autoimmuner Erkrankungsbilder bezeichnet, die ähnlich wie die Multiple Sklerose in der Regel wiederkehrende, schubförmige Entzündungen des zentralen Nervensystems verursachen. Besonders häufig betroffen sind dabei die Sehnerven und das Rückenmark (link „Symptome der NMOSD“). Mit einer Anzahl von ca. 2000-2500 Betroffenen in Deutschland gilt die NMOSD als eine seltene Erkrankung. In den meisten Fällen treten die ersten Symptome zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr auf, Menschen höheren Alters und Kinder können jedoch ebenfalls erkranken. Frauen erkranken deutlich häufiger als Männer (Verhältnis 9:1). Bei ca. 80% der Patienten können Antikörper gegen einen Wasserkanal, das Aquaporin-4-Protein nachgewiesen werden. Diese Antikörper spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Erkrankung, so dass aktuell zwischen einer sog. Aquaporin-4-Antikörper-positiven und einer Aquaporin-4-Antikörper-negativen Variante unterschieden wird (siehe: „Diagnose der NMOSD“). In der letzteren Gruppe wurde in den vergangenen Jahren bei einem Teil der Patientinnen und Patienten ein anderer Antikörper gegen das sogenannte Myelin-Oligodendrozyten-Glykoprotein (kurz: MOG) nachgewiesen. Obwohl das klinische Bild viele Überlappungen mit NMOSD zeigt, werden nach aktuellem Stand der Forschung die MOG-Antikörper assoziierte Erkrankungen (MOGAD bzw. MOG-EM) inzwischen als eigenständiges Krankheitsbild hin (siehe: „Was ist MOGAD/MOG-EM?“) angesehen.

Geschichte der NMOSD

Erstmalig wurden die typischen Zeichen einer NMOSD bereits 1804 von dem französischen Anatom und Pathologen Antoine Portal (später Gründer und Präsident der Académie Nationale de Médicine) beschrieben. Weitere Fälle berichteten später der Genueser Arzt Giovanni Battista Pescetto (1844), der britische Neuroanatom und Neurologe Jacob Augustus Lockhart Clarke (1865) und die deutschen Ärzte Wilhelm Heinrich Erb (Neurologe) und Phillip Steffan (Augenarzt, 1879). Ab 1879 erschienen dann zahlreiche weitere Berichte, die 1894 von dem französischen Neurologen Eugène Devic und seinem Doktoranden Fernand Gault anlässlich eines eigenen Falles zusammenfassend ausgewertet wurden. 1907 wurde daher vorgeschlagen, die Erkrankung nach Devic zu benennen. Das sog. Devic´s Syndrom galt lange Zeit als eine aggressiv verlaufende Variante der Multiplen Sklerose (MS). 2004 gelang jedoch der Nachweis eines zuvor unbekannten, spezifischen Autoantikörpers gegen das Wasserkanalprotein Aquaporin-4. Infolge wurden von Dean Wingerchuk und Kollegen eigene diagnostische Kriterien für die NMOSD entwickelt. Eine ausführliche Darstellung der Geschichte der Neuromyelitis optica in englischer Sprache ist hier abrufbar (Jarius, S. et al. (2017): Devic's disease before Devic. On the contribution of Friedrich Albin Schanz (1863-1923). In: Journal of the neurological sciences. DOI: 10.1016/j.jns.2017.05.044).

letzte Aktualisierung: 16.09.2022